Die Organisationen
Foodwatch und
Frag den Staat haben den Dienst "
Topf Secret" gestartet.
Laut eigener Aussage
Topf Secret ist eine gemeinsame Online-Plattform von foodwatch mit der Transparenz-Initiative FragDenStaat, über die Verbraucherinnen und Verbraucher mit wenigen Klicks die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben abfragen können. Bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher eine Antwort auf ihre Anfrage, sollten sie diese auf Topf Secret hochladen, damit sämtliche Antworten dann für alle sichtbar sind.
Und was soll damit erreicht werden?
Was ist das Ziel dieser Aktion?
foodwatch und FragDenStaat fordern mehr Transparenz in der Lebensmittelüberwachung. Je mehr Menschen bei Topf Secret mitmachen und Anträge stellen, umso mehr Informationen kommen ans Licht. Damit wollen wir zeigen, dass Bürger ein Interesse an diesen Informationen haben. Langfristig wollen wir erreichen, dass die Bundesregierung endlich eine gesetzliche Grundlage schafft, die Transparenz zur Regel macht. Ziel ist, dass die Behörden von sich aus alle Kontrollergebnisse veröffentlichen müssen, ohne dass Bürgerinnen und Bürger Anfragen stellen müssen.
Eigentlich eine gute Idee.
Eigentlich, aber......
Hintergrund
Lebensmittelverarbeitende Betriebe werden mehr oder weniger regelmäßig von den Ämtern der Lebensmittelüberwachung geprüft (In der Regel Ordnungsamt oder Veterinäramt).
Es wird ein Mängelbericht erstellt. Werden Verstöße gegen Hygienevorschriften festgestellt, wird der überprüfte Betrieb bei größeren Verstößen einer Nachprüfung unterzogen.
In besonders gravierenden Fällen kann die Lebensmittelüberwachung auch eine Schließung des Betriebs anordnen.
Leider scheint es so zu sein, das die Ämter relativ dünn besetzt sind, so dass Überprüfungen nicht wirklich regelmäßig stattfinden (dazu später noch mehr).
Laut Foodwatch weisen immerhin 23-25 % der Kontrollierten Betriebe Mängel auf.
Die Kritik laut Foodwatch
Foodwatch kritisiert, dass Kontrollergebnisse nicht wie in anderen Ländern veröffentlicht oder gar direkt am Betrieb öffentlich ausgehängt werden müssen.
Wie funktioniert das Portal
Das Portal hat vom Internetdienst yelp eine Liste der Betriebe gezogen/erhalten. Diese werden auf einer Karte übersichtlich dargestellt. Zusätzliche, noch nicht erfasste
Betriebe können nach einer Registrierung am Portal selbst hinzugefügt werden.
Die Lebensmittelüberwachung ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen.
Durch das Portal kann der Besucher jetzt in seinem eigenem Namen eine vorgefertigte Anfrage am zuständigem Amt schicken.
Die Antwort sollte dann eingescannt werden, persönliche Daten unkenntlich gemacht werden und auf das Portal hochgeladen werden. Anscheinend läßt sich pro Betrieb nur eine Anfrage gleichzeitig stellen.
Seinen eigenen Namen kann man markieren, damit er nicht veröffentlicht wird.
Laut Foodwatch kann aber der Betreiber des Gastronomiebetriebs beim Amt nach dem Namen des Antragstellers fragen - man sollte sich also überlegen, ob man sich damit nicht unbeliebt macht.
Kritik der DeHoga
Die Hauptgeschäftsführerin des
Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (DeHoga), Frau Ingrid Hartges äußerte sich in einem
Interview mit der Augsburger Allgemeinen
daher eher kritisch: Die Veröffentlichung kann Existenzbedrohend sein. Außerdem sei die Überprüfung usw. Aufgabe der Ämter, nicht von Foodwatch. Denen wirft sie übrigens Populismus vor.
Meine Meinung
Ja, ich muss Foodwatch Recht geben. Leider auch der guten Frau Hartges als Vertreterin der Dehoga, also im Prinzip den Vertretern vieler Gastronen.
Eigentlich wäre in meinen Augen eine Hygieneampel wünschenswert.
Das Thema hatten wir bereits 2012, wo schon einmal eine Hygienampel eingeführt werden sollte . Immernoch sind die Lebensmittelkontrolleure unterbesetzt. Immernoch würde das bedeuten, dass Betriebe, die Mängel sofort beheben, trotzdem sehr lange auf eine Nachkontrolle warten müssten - und damit auf eine (berechtigte) Korrektur der Ampel.
Nun zum Statement der DeHoga. Die finden das ungerecht. Wenn ich ehrlich bin, finde ich es als Verbraucher aber auch ungerecht, wenn Betriebe mit Hygienemängeln mir weiterhin Essen verkaufen dürfen, ohne dass ich es weiß.
Es ist immerhin meine Gesundheit, die ggf. darunter leidet.
Allerdings muss ich ihr auch Recht geben: Das klingt sehr nach Populismus.
Kommen wir zu Foodwatch. Die sprechen von 25% beanstandete Betriebe. Das ist eine ganze Menge. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wirft für 2017 den
Wert von 13,6 % ins Rennen. Gut, hier werden seit 2017 informelle Beanstandungen (z.B. Hinweise zu möglichen Problemen oder Fast-Probleme) herausgerechnet, so dass der Wert tatsächlich von den
25% rein rechnerisch gesunken ist. Man sollte hier aber auch zwischen echten Hygienemängeln und z.B. nicht ganz korrekter Dokumentation unterscheiden.
Was könnte Foodwatch damit bezwecken? Nun, zunächst einmal ist es sehr Medienwirksam. Man kommt wieder ins Gespräch, jeder redet darüber. Rechtlich gesehen könnte die ganze Aktion
in einer Grauzone stattfinden. Die Anfragen an die zuständigen Stellen werden im Namen der Benutzer des Portals gestellt, nicht im Namen von Foodwatch. Man möchte damit vermutlich auch
die Kosten umgehen, die ab einer Bestimmten Aufwandsgröße von den Ämtern erhoben werden dürfen.
Der Antragsteller sollte sich nur im Klaren sein, dass sein Name vom Betreiber des Lokals, das er anfragt, von den Ämtern bekannt gegeben werden muss. Das könnte ggf. unschön für den
Antragsteller werden. Foodwatch wälzt also ein politisches Problem auf die ausführenden Stellen ab, die sowieso schon überlastet sind.
Die verantwortlichen Stellen dürften von der Anfrageflut überrollt werden. Ich vermute einfach einmal, dass bisher kaum Anfragen gestellt wurden. Jetzt dürften es mehrere Hundert oder Tausend Anfragen sein.
Dafür sind die Ämter sicherlich nicht vorbereitet und ich befürchte, dass die Anfragen damit einfach unter den Tisch fallen werden. Die Ämter können die Anfragen mit dem vorhanden Personal gar nicht schnell genug bearbeiten.
Oder - noch schlimmer - die Prüfer selbst müssen die Anfragen bearbeiten und können ihre eigentlichen Kontrollen dann nur noch eingeschränkt durchführen.
Sie haben jetzt schon Personalmangel, und laut BVL wurden 2017 von den 1.217.198 gemeldeten Betrieben sowieso nur 504.794 kontrolliert - also nur rund 41%.
Für die Betriebe könnte es tatsächlich geschäftsschädigend werden. Der alte Kritikpunkt, dass Nachkontrollen aufgrund von Personalmangel gar nicht schnell genug durchgeführt werden können, könnte zu der Situation führen,
dass Betriebe, die die beanstandeten Mängel sofort behoben haben, mitunter 1-2 Jahre auf eine Nachkontrolle und damit auf eine korrete Bewertung warten müssen (41% der Betriebe wurden nur kontrolliert! )
Für mich klingt das Ganze nach gewollter Panikmache, deren Leitragende die falschen sind. Man sollte meiner Meinung nach eine Hygieneampel einführen, aber dann bitte mit ordentlichen Regelungen und ordentlicher Vorbereitung.
Nicht als Medienwirksame Guerilla-Aktion.